Donnerstag, 6. September 2007

Berliner Ensemble [Figurenverzeichnis]

Die Reise ist zu Ende – die Reise muss weitergehen. Selbst wenn es auf den ersten Blick vielleicht anders aussehen mag, ist Berlin kaum weniger balaganesk als das Gelobte Land. Doch bevor wir dieses Berliner Balagan einmal näher betrachten und etwas – scheinbare, illusionäre – Ordnung in das dichtgeknüpfte Durcheinander des Lebens bringen, gilt es kurz innezuhalten. Das vorläufige Finale im Breakfast Club war schweißtreibend genug. Anlässlich des Starts der zweiten Staffel dieser sympathischen kleinen Webnovela möchten Arthur und ich unseren Dank bekunden. Für Anteilname und Anregungen, Fotos und Filme. Für die Musik. Für diverse Einladungen zum Bier, unter anderem aus Tel Aviv. Leider trinken wir ja kein Bier. Wir bedanken uns bei allen Sinnsuchenden, die eigentlich den Titel eines beliebten Animationspornos oder „Palituch binden“ bei Google eingegeben hatten, auf diesem Blog landeten und trotzdem weiterlasen. Danke auch an Dich, Chris de Burgh: Du hast unser Leben zerstört. Last but not least bedankt sich mein Freund für die Handvoll Liebesbriefe, die nun in seinem Schuhkarton für die Ewigkeit aufbewahrt werden. Arthur loves you, too. Spread the word. Bitte lasst uns auch weiterhin nicht im Stich. Wir können den stetig zwischen Moll und Dur changierenden Balagan Blues nur gemeinsam anstimmen. Als spezieller Service für Späteinsteiger und Demenzkranke folgt nun ein knappes Figurenverzeichnis. Das Berliner Ensemble von Balagan Blues, in guten wie in schlechten Zeiten. Analog zu Charlottes Bauch wird diese Liste nach und nach an Umfang zunehmen. Und während Arthurs Freundin auf Dimona wartet, wird Balagan Blues hoffentlich dann und wann aus dem Chaos heraus einen tanzenden Stern gebären. Vorhang auf zum zweiten Akt.

Die Figuren:

Charlotte Sevigny. Lieblingslied: St. Etienne / „Only Love Can Break Your Heart”. Arthurs Freundin. Im sechsten Monat schwanger. Trinkt deshalb zur Zeit nur Holunder-Bionade. Arbeitet weiterhin in der Agentur, kann ihren lukrativen Job jedoch kaum noch ertragen. Würde gerne nach Paris ziehen. Hat ansonsten den größten Teil des Sommers auf einem kleinen Balkon im Prenzlauer Berg verbracht und Tolstoj gelesen und nicht geraucht.

Lulu Lilienblum. Lieblingslied: The Undertones / „Teenage Kicks“. Charlottes beste Freundin. Gelegenheitsschauspielerin mit zuverlässigem Zugang zu hochwertigen Drogen. Hat sich in Hongkong ein Paar Prada-Gummistiefel zugelegt, die sie gerne auch an trockenen Tagen trägt – in Tateinheit mit ihrem Kaschmir-Palituch. Geht zweimal im Monat zum „Resteficken“ in die Ankerklause und verfasst ein regelmäßiges Weblog über ihr Liebeslieben für das Online-Magazin Delirious Dirt. In Berlin weltberühmt.

Dimona. Lieblingsslied: Jane Birkin / „Baby Alone in Babylon“. Ungeborene Tochter von Charlotte und Arthur. Name noch nicht bestätigt. Anvisierter Geburtstermin: Heiligabend. Potentielles Gainsbourg Girl.

Klara. Nachname: unbekannt. Lieblingslied: ebenso. Selbst über Pynchon wissen wir mehr. Einzig Arthur könnte von Klara erzählen, zeigt sich bislang aber abgeneigt. Sicher ist: Sie hat ihn verlassen. Vor ein paar Jahren, nach kurzer Zeit und ohne, dass sie jemals richtig zusammen gewesen wären. Möglicherweise, weil Arthur ihr nicht postmodern genug war. Thomas Bernhard sagt: Das geheimgehaltene Denken ist das Entscheidende.

Arthur Müller. Lieblingslied: Joy Division / „Love Will Tear Us Apart“. Vermisst Klara seit der ersten gemeinsamen Nacht. Trägt stets einen Schuhkarton voller Liebesbriefe herum. Mit Charlotte liiert, gleichwohl ständig auf der Suche nach der perfekten postmodernen Frau. Setzt große Hoffnungen in eine entsprechende Annonce. Plant eventuell ein begleitendes Filmprojekt. Würde niemals nach Paris ziehen – nicht zuletzt aufgrund des miserablen französischen Biers. Zudem könne Frankreich – so Arthur – zwar ohne Zweifel als bedeutende Brutstätte postmoderner Theorie gelten, die Franzosen selbst seien jedoch (mit Ausnahme einzelner Französinnen) hochgradig prämodern. Verabscheut sämtliche Weltreligionen und Internetcafés. Mag Bier und Tequila. Zynischer Neoromantiker. Messias und Antichrist in Personalunion. Genie. Poet. Arschloch. Mein bester Freund.

Und ich? Wie es der literarische Zierdegen der serbisch-orthodoxen Kirche kürzlich in einem Interview unnachahmlich formulierte: Ich bin kein Schriftsteller, sondern ich schreibe, ich habe geschrieben, ich werde geschrieben haben. Ich bin die digitale Bohème. Ich bin Nick Carraway und Sal Paradise. Ich bin J. K. Rowling. Mein Lieblingslied ist ein Liebeslied: „Balagan Blues“.

2 Kommentare:

Freddie Jones hat gesagt…

Und was ist mit diesem wundervollen kleinen Jungen, dessen Bild kurz zu sehen war und dessen Lieblingslied -- glaube ich -- "Fantastic Day" von Haircut One Hundred ist? Ist das etwa kein Protagonist?

Anonym hat gesagt…

Nein, ist er nicht. Dann wäre Balagan Blues ja zu Ende. Ein entschiedenerer Schlußstrich unter diese Alltagschronik -- die stets lebensfroh bleibt, obwohl sie vom Tode weiß -- wäre angesichts jener sämtliche Zeichen des Verfalls, des Todesodems und der Lebensunfähigkeit tragenden sensitiven Spätlingsgestalt kaum vorstellbar.